Slam-Poet Bas Böttcher besucht die IGS

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„Das macht die Sprache - die Macht der Sprache“:

Scharfsinnige Beobachtungen über den Lebensalltag der Generation 2.0

Bas Böttcher zählt zu den Mitbegründern der Poetry-Slam-Szene in Deutschland. Seine Texte gelten als Klassiker der zeitgenössischen Bühnenlyrik. Er ist der Erfinder verschiedener Medienformate und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet. Die großen Bühnen in Deutschland und der Welt hat er gesehen. Unlängst trat er in der Elbphilharmonie in Hamburg auf.

Im Rahmen einer Lesereise an rheinlandpfälzischen Schulen, die der Friedrich-Bödecker-Kreis in Zusammenarbeit mit dem Pädagogischen Landesinstituts organisiert, begeisterte der Berliner Poetry-Slamer nun Schülerinnen und Schüler der 11. und 12. Jahrgangsstufe der IGS Kurt Schumacher in Ingelheim. In einer interaktiven Lesung, in der er seine Texte erklärte und kommentierte, machte er deutlich, wie vielfältig die Sprache eingesetzt werden kann.

Knapp 200 junge Leute saßen nach der Mittagspause neugierig und gespannt in der Aula. Mit einem Rätsel brach Bas Böttcher schnell das Eis. Zu nennen waren „unsichtbare“ Lösungswörter, wie Panzerglas, Funksequenz, Marionettenfäden, die sich hinter dem jeweiligen Poetry-Slam versteckten. Am Beispiel von Goethes „Erlkönig“, den er im rhythmischen Galopp vortrug, demonstrierte er eine ungewöhnliche Interpretation.

Das Programm bestimmte weitgehend das Publikum, das auf Aufforderung Stichwörter und Schlüsselbegriffe in den Raum warf, die der Wortkünstler souverän aufgriff und in einem Poetry-Slams originell und witzig, aber auch ironisch bis sarkastisch verarbeitete und vertiefte. So standen die unterschiedlichsten Themen im Mittelpunkt:

Zum Thema Freiheit stellte er lakonisch fest:

Man will ja keine Freiheit, man will ja Sicherheit. / Man will bloß etwas Spielraum, in dem n' bisschen Freiheit bleibt. / Man will ja keine Vielfalt, man will ja, was man kennt. / Man will bloß etwas Abwechslung, die man dann Vielfalt nennt."

Fehler haben ihn weitergebracht:

„Andere leisten sich Glitzer / Ich leiste mir Schnitzer / Nenn' mich Versager / Ich nenne mich Verse-Sager“.

Zum Stichwort Rassismus nutzte er als Vorlage das Märchen von den „Bremer Stadtmusikanten“:

„Weil sie aufeinander standen, waren sie Giganten.“

Kritisch äußerte er sich zum Thema social media:

„Wir werden Teil der Maschine sein“.

Bas Böttcher ist der Ansicht, dass wir die Zeit als Moment festhalten sollten und nicht im Foto:

„Es macht aber offenbar mehr Spaß Fotos zu schießen, als die Bilder anzugucken.“

Er warnt:

„Knips – Pixel auf Chips“.

Bas Böttchers gesellschaftskritische Wortakrobatik klingt wie ein Sprechgesang, mal verspielt und leicht, mal kompliziert und tiefsinnig. Es ist nicht immer leicht, den scharfzüngigen, mehrdeutigen, schnell aufeinander folgenden Wortkaskaden zu folgen. Trotzdem vergingen die 90 Minuten wie im Flug. Bas Böttcher jongliert scheinbar mühelos mit doppeldeutigen Worten und Alliterationen. Er setzt Wörter wie Legosteine immer wieder neu und in ungewohnter Weise zusammen, animiert zum Nachdenken. Das Publikum fordert er auf, Wörter unter der Lupe zu betrachten. So sind in dem Wort „Gesellschaft“ die Wörter „Esel“ und „Schaf“ zu entdecken.

Alltagsthemen wurden von Bas Böttcher überraschend hinterfragt, kombiniert und gebrochen. Mit seiner slam-poetischen Betrachtungsweise unserer Lebenswelt gelang es dem Poetry-Dichter, ausnahmslos alle Schülerinnen und Schüler zu erreichen. Selbst weniger „Lyrik-Erprobte“ fanden einen unmittelbaren Zugang. „Beeindruckend“ und „faszinierend“ hörte man am Ende der Veranstaltung aus den Reihen der Schülerschaft.

 

Sybille Schlitt

 

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